Vad ska hända med Tempelhofer Feld?

„Osäker framtid för Berlinbornas älskade flygfält
Ungewisse Zukunft für die geliebten Flugplätze der Berliner“
stand am Ostermontag auf dem Titelblatt von Dagens Nyheter.

„Der Politische Streit um Berlins historischen Flughafen
Politisk strid om Berlins historiska flygplats“

ist selbst Schwedens größter Tageszeitung eine Titelstory wert und die schwedischen Leser*innen waren begeistert.


„Vad ska hända med Tempelhofer Feld?

Was wird mit dem Tempelhofer Feld geschehen?“


Wir danken Lovisa Herold und Niklas Porter für die umfangreiche Recherche zur aktuellen Lage des THFs und den Besuch bei uns im Garten.
„Området är öppet för alla“ übersetzt soviel wie der Garten ist für alle offen, Allmende eben!
Danke an KD, der den Besuch aus Schweden bei grauen Wolken empfangen hat.

freiesfeld #thf100 #commons #allmendekontorabroad

“Politisk strid om historisk plats i Berlin
Politischer Kampf um historische Stätte in Berlin”

titeln die Schweden.

Hier geht’s zum Artikel in schwedisch:

https://www.dn.se/varlden/politisk-strid-om-berlins-historiska-flygplats/ 

Hier die deutsche Übersetzung mit Dank an Björn Grenmyr:

Unsichere Zukunft für den beliebten Flugplatz der Berliner

Was wird mit dem Tempelhofer Feld geschehen?

Politischer Streit um Berlins historischen Flughafen 

Bildtext: Vor 10 Jahren gelang es Julia Michel und den anderen Mitgliedern im Netzwerk 100% Tempelhofer Feld, ein Gesetz zum Erhalt des geschlossenen Flugplatzes in Berlin durchzusetzen. Jetzt besteht das Risiko, dass der Entschluss rückgängig gemacht wird.  

Berlin. Hier wurden Anfang des 20. Jahrhunderts Flugvorführungen gehalten, hier wurden Bomben im Zweiten Weltkrieg gebaut und hier landeten lebenswichtige Flieger während der Blockade von Westberlin. 

Heute ist der Flugplatz Tempelhofer Feld ein Erholungsgebiet, mitten in der deutschen Hauptstadt. 

Jetzt ist die Zukunft des historischen Ortes unsicher. 

Jeden Morgen, wenn Julia Michel über die glatten Asphaltwege auf dem offenen Feld radelt, nimmt sie einen extra tiefen Atemzug. 

-Es gibt keine Autos hier, deswegen muss man nicht auf der Hut sein. Für einen kurzen Moment kann man einfach genießen, sagt sie. 

Links von der 57-jährigen grasen Schafe, rechts brüten Feldlerchen. Eine offene Fläche, größer als 400 Fußballfelder, breitet sich ringsum sie aus. Ein paar Kilometer entfernt ragt das, was einmal das größte Gebäude der Welt war, in den Himmel. 

-Das Tempelhofer Feld ist ein Geschenk an die Berliner. Das ist die beste Art und Weise, es zu beschreiben, sagt Julia Michel. 

Der geschlossenen Flughafen im zentralen Berlin fungiert seit einem knappen Jahrzehnt als Garten, Sportplatz und Spielplatz für die Einwohner. In einem Volksentscheid 2014 stimmten eine Mehrheit der Stadtbewohner für ein Gesetz, das Bebauung und Autoverkehr auf dem Feld verbietet. In dem neun Jahre alten Gesetzestext steht, dass das Tempelhofer Feld ein besonders schutzwürdiges Naturgebiet mit großem kulturhistorischen Wert ist. 

Bildtext: Der Flughafen wurde 2008 geschlossen. Heute werden die damaligen Landebahnen unter anderem von Inlineskatern genutzt. 

Jetzt, wo ein Regierungswechsel vor der Tür steht, kann das Gesetz neu geschrieben werden. 

Der zunehmende Wohnungsmangel in Berlin hat die künftige Regierung in Richtung auf das Tempelhofer Feld schielen lassen. Im Abkommen zwischen der christdemokratischen CDU und der sozialdemokratischen SPD steht, dass die Parteien die Möglichkeiten untersuchen sollten, die Ränder des historischen Flugplatzes „behutsam“ zu bebauen.

Julia Michel, die im Netzwerk 100% Tempelhofer Feld Mitglied ist und einer der Initiatoren zum Volksentscheid 2014 war, ist kritisch gegen die Pläne. 

Es sind nicht mal 10 Jahre seit dem Volksentscheid vergangen. Meiner Meinung nach ist das Demokratieverachtung, sagt sie. 

Die Winde der Veränderung wehen über das offene Feld in der deutschen Hauptstadt. Und das nicht zum ersten Mal. 

Bildtext: Die Initiative 100% Tempelhofer Feld stand hinter dem Volksentscheid 2014, mit dem Ergebnis eines neuen Gesetzes, das Bebauung auf dem Tempelhofer Feld verbietet. 

Das Interesse war groß als der Franzose Armand Zipfel auf dem Tempelhofer Feld ankam, den 28. Januar 1909. Der Pilot fuhr ein Flugzeug vom Typ Voisin Standard – das erste Modell überhaupt, das in größerer Skala hergestellt wurde. Die Flugvorführungen, die der Franzose während der Wintermonate durchführte, lockten viele neugierige Zuschauer ans Berliner Feld und gab einen Vorgeschmack davon, welche Möglichkeiten das Fliegen bieten konnte. 

Ein paar Jahrzehnte später war der Passagierverkehr auf dem Tempelhofer Feld im Gange, das als Hauptflughafen für die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa auserkoren wurde. In den 1930ern erweckte der Flugplatz das Interesse des Naziregimes, und der Architekt Ernst Sagebiel wurde beauftragt, einen Flughafen mit Kapazität von jährlich sechs Millionen Passagieren zu bauen. Sagebiel zeichnete ein klassizistisches Gebäude, das, als es im Jahre 1941 fertig stand, das größte der Welt war. Während des Krieges wurden die enormen Räumlichkeiten unter anderem für die Herstellung von Bomben und Reparaturen von Kriegsflugzeugen genutzt. 

Bildtext: Nachdem ein amerikanischer Pilot angefangen hat, Süßigkeiten an die Westberliner Kinder herunterzuwerfen, bekamen die Piloten, die Bedarfsartikel ans Tempelhofer Feld lieferten, den Spitznamen „Rosinenbomber“. 

Als der Krieg zu Ende war und Berlin zwischen den Siegermächten aufgeteilt war, wurde der Flughafen eine Frage von Leben und Tod für die Einwohner in Westberlin. Am 24. Juni 1948 blockierte die Sowjetunion, die das östliche Deutschland kontrollierte, sämtliche Wege in die Zonen der Westmächte in der deutschen Hauptstadt. Der Versuch, die Westberliner auszuhungern, wurde durch eine sogenannte Luftbrücke verhindert. Während der gut zehn Monate, in denen die Blockade anhielt, wurde alles, was die Westberliner brauchten – von Milchpulver bis Kohle zum Feuer machen – an das Tempelhofer Feld eingeflogen mit amerikanischen und britischen Fliegern. 

Bildtext: Während der Berlinblockade von 1948-1949 flogen britische und amerikanische Piloten Lebensmittel nach Westberlin über das Tempelhofer Feld ein. 

Noch bis heute ist die Geschichte stets präsent auf dem geschlossenen Flughafen. 

-Wir dürfen nicht in der Erde graben, weil noch Kampfmittel aus dem Krieg im Boden liegen könnten, erklärt Klaus Grote. 

Bildtext: Der Gartenverein Allmende Kontor, wo der Journalist Klaus Grote Mitglied ist, pflegt etwa 250 Hochbeete auf dem Tempelhofer Feld. 

Der 50jährige, der auf der Ostseite des Feldes durch die Hochbeete kreuz und quer läuft, ist eins der Mitglieder im Anbauverein Allmende Kontor. Hier kann jeder, der möchte, Kräuter, Gemüse oder Blumen für eine Jahresgebühr von einem Richtwert von 45,- € anbauen. Es ist jedoch wichtig, die Pflanzen nicht zu sehr ans Herz wachsen zu lassen. 

-Das Gelände ist für alle offen. Tomaten und Zucchinis werden oft geklaut, aber grüne Tomaten funktionieren gut, weil die Leute denken, sie seien unreif. 

Bildtext: Das Interesse fürs Gärtnern wuchs während der Pandemie, erzählt Klaus Grote. – im Garten konnte man sich frei bewegen, sagt er. 

Klaus Grote stellt fest, dass, trotz der Größe, bereits heute Konkurrenz um die Fläche auf dem Feld besteht. Er stellt sich kritisch gegen die Pläne der Regierungsparteien, auf dem Gelände Wohnungen zu bauen und hält nicht viel von dem Versprechen, dass ein Teil der Wohnungen für Geringverdienende vorgesehen sei. 

Die Kosten, hier Wasserleitungen zu ziehen und Wege zu bauen würden enorm sein – keine Chance, dass die Wohnungen bezahlbar werden. 

Der Sozialdemokrat Lars Rauchfuss ist vom Gegenteil überzeugt. Er, der im Berliner Landesparlament sitzt, sagt, dass es nach Einschätzungen der Partei möglich sei, bis zu 5.000 Wohnungen für Geringverdienende entlang der südlichen und westlichen Ränder der Feldes zu bauen, ohne den Charakter des Geländes zu beschädigen. 

-Das Gelände ist Besitz des Bundeslandes. Das heißt, dass wir – im Gegensatz zum Privatgrundstück – kontrollieren können, dass es wirklich bezahlbare Wohnungen werden, sagt er. 

Bildtext: Der sozialdemokratische Politiker Lars Rauchfuss sieht Bebauung auf dem Tempelhofer feld als eine Art und Weise, den Wohnungsmangel in Berlin zu verringern.

Lars Rauchfuss möchte, dass die Stadt Vorschläge dazu einsammelt, wie die Bebauung aussehen könnte, um dann den Einwohner die Chance lassen, ihre Meinung zu geben – noch ein Mal. 

-Nach meinen Prognosen würden wir, wenn wir einen deutlichen Plan präsentieren, ein anderes Ergebnis als 2014 bekommen, sagt Lars Rauchfuss. 

Viele Meinungsumfragen aus den letzten Jahren zeigt, dass eine knappe Mehrheit der Stadtbewohner es für eine gute Idee hält, Wohnungen an den Rändern des Feldes zu bauen. Der Wohnungsmangel ist eine heisse politische Frage in der deutschen Hauptstadt, die beim Jahreswechsel eine Einwohnerzahl von 3,8 Millionen registrierte. Das ist die höchste Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg. 

Bildtext: Der geschlossene Flughafen ist nicht mehr das größte Gebäude der Welt – aber eins der längsten. Das gewölbte Gebäude ist 1,2 km lang. 

Doch wer glaubt, dass das Tempelhofer Feld eine schnelle Lösung des Wohnungsmangels bieten wird, wird bestimmt enttäuscht. Das meint Dirk Enzesberger, Sprecher eines Zusammenschlusses von Mietervereinen in Berlin. 

Es braucht drei bis fünf Jahre, einen Plan für die Bebauung zu entwerfen. Darüber hinaus muss man mit zwei bis fünf Jahren rechnen, um den Boden in Ordnung zu bringen und ungefähr zwei Jahre fürs eigentliche Bauen. Würde es zwischen zehn und fünfzehn Jahren brauchen, kann das als schnell betrachtet werden, sagt er dem Tagesspiegel.

Eva Schuster und Katrin Geth-Zemojtel, die eine Runde auf dem Tempelhofer Feld joggen, gehören zu denen, die wollen, dass der Ort unberührt bleiben soll.

– Der Wohnungsmangel ist ein Problem, aber ein paar Wohnungen hier können das grundliegende Problem nicht lösen. Das hier ist ein einzigartiger Ort, sagt Katrin Geth-Zemojtel.

Bildtext: Die 47-Jährigen Ärztinnen Katrin Geth-Zemojtel und Eva Schuster, die auf dem Tempelhofer Feld Sport treiben, hoffen, dass die künftige Regierung ihre Pläne ändern wird, hier Wohnungen zu bauen.

Eva Schuster pflichtet dem bei.

– New York hat den Central Park. Wir haben das Tempelhofer Feld, sagt sie.

Am anderen Ende des Feldes blickt Julia Michel über die Wiese, die abgesperrt wurde, um die brütenden Feldlerchen zu schützen. Sie hätte gehofft, dass der Kampf um den Erhalt des Tempelhofer Feldes nach dem Volksentscheid 2014 abgeschlossen wäre. Jetzt fragt sie sich, ob das reiche Tier- und Pflanzenleben auf dem Feld als ein Argument funktionieren kann, um die Pläne der Politiker zu stoppen.

Vielleicht können uns die Feldlerchen helfen, sagt sie. 

https://www.dn.se/varlden/politisk-strid-om-berlins-historiska-flygplats/